Wie Schachspieler den Lockdown während der Pandemie meistern

Der Corona-Virus bzw. Covid-19 hat das Leben in nie gekannter Weise verändert. Im Frühjahr führte der Lockdown in vielen Ländern zu großen Einschränkungen der sozialen Kontakte und der eigenen Bewegungsfreiheit, wobei die Menschen in Deutschland im Vergleich zu Spanien oder Frankreich keineswegs „eingesperrt“ waren. Spaziergänge und Lebensmitteleinkäufe waren gestattet. Weil auch Schulen und Kindergärten lange Zeit geschlossen blieben, warnten Psychologen vor Panik, Angstzuständen und Depressionen bei Kindern und bei Erwachsenen. Nun erleben die Menschen in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, erneut einen Lockdown, Vereinstraining, Wettkämpfe und Vereinsfeiern müssen abgesagt werden. Theater, Kinos, Restaurants, Bars bleiben geschlossen. So mancher sorgt sich um seinen Job und die beruflichen Perspektiven. Wie kommen Schachspieler mit den durch die Corona-Pandemie verursachten Einschränkungen klar? Laut einer internationalen Studie 1, bei der Forscher aus Spanien und Kolumbien 450 Schachspieler aus der ganzen Welt unter die Lupe nahmen, können sich die Schachspieler gut mit den Einschränkungen im Alltag arrangieren, ohne dass sie dies als übermäßigen Stress wahrnehmen.

Schach ist in erster Linie ein individueller Sport, der mit geistigem, emotionalem und körperlichem Stress verbunden ist. Die Forschergruppe aus Spanien und Kolumbien untersuchte, wie sich die Einschränkungen im täglichen Leben infolge der Corona-Pandemie auf das Verhalten der Schachspieler auswirkte. Die im Sitzen verbrachte Zeit während der beruflichen Tätigkeit und in der Freizeit stieg an, körperliche Aktivitäten fanden nicht mehr im gewohnten Umfang statt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Schachspieler während des Lockdowns körperlich weniger aktiv waren und sich mehr dem Schachtraining widmeten. Die körperliche Inaktivität bezeichnen die Autoren als besorgniserregend. Schon 2009 mahnten Wissenschaftler 2 an, dass die Schachspieler mehr auf ihre körperliche Fitness achten sollen. Trotz der Einschränkungen während der Corona-Pandemie können die Schachspieler und alle anderen Menschen mit wenig Aufwand viel für ihre körperliche und mentale Fitness tun: Aerobic, Zumba, Radfahren, Ergometer, Gymnastik, Krafttraining, Tanzen, …3

Mit körperlichem Sport werden Stress und Aggressionen abgebaut und das allgemeine Wohlbefinden gefördert. Die Supergroßmeister gehen mit gutem Beispiel voran. Viele von ihnen achten auf ihre Fitness und auf eine gesunde Lebensweise, weil sie wissen, dass eine gute körperliche Fitness hilft, die hohen intellektuellen und emotionalen Belastungen während der Wettkämpfe zu meistern. Weltmeister Magnus Carlsen und der Herausforderer in 2018 Fabiano Caruana gewähren Einblick in ihr Training 4:

  • Magnus Carlsen mag besonders Fußball, spielt Basketball sowie Tennis, aber auch Tischtennis. Laufen und Yoga gehören ebenso zu seinem Trainingsprogramm.
  • Fabiano Caruana läuft morgens 8 km. Auf seinem Trainingsplan stehen noch Schwimmen, Basketball und Tennis.
  • Vidit Gujrathi hielt sich während des Lockdowns im Frühjahr mit dem Laufband fit und machte lange Spaziergänge als Ausgleich für die sitzende Tätigkeit (Schachtraining). 5

Die vorliegende Studie1 legt nahe, dass sich die Schachspieler gut mit den durch die Pandemie verursachten Einschränkungen im Alltag arrangieren können, weil sie sich vermutlich besser darauf einstellen können. Diesen Gedanken stützt auch die in diesem Jahr veröffentlichte Arbeit „Grundlagen langfristiger Trainingssysteme für Denksportarten“ 6, die darauf verweist, dass unter anderen die Schachspieler ihre Gefühle und Gedanken besser kontrollieren und sich besser von äußeren negativen Faktoren abkoppeln können. Auch hier wird die große Bedeutung des körperlichen Sports zur Regenerierung des Gehirns betont. Morgengymnastik, Schwimmen, Wandern und Sportspiele werden empfohlen.

Weitere nützliche Informationen und Tipps wurden zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 in der Zeitschrift „Psychotherapeut“ (Springer Medizin Verlag) unter dem Titel „Häusliche Isolation und Quarantäne gut überstehen“ veröffentlicht. Volltext PDF-Datei

Die Zeitschrift „The Physician“ veröffentlichte einen lesenswerten Artikel zur Geschichte der Pandemie, beginnend in der Antike bis zur Gegenwart „A History of pandemics over the ages and the human cost“ 7 (9 Seiten)

 

Referenzen:

1 Fuentes-García JP, Martínez Patiño MJ, Villafaina S and Clemente-Suárez VJ (2020), The Effect of COVID-19 Confinement in Behavioral, Psychological, and Training Patterns of Chess Players. Front. Psychol. Volltext PDF-Datei

2 Fornal-Urban A, Keska A, Dobosz J, Nowacka-Dobosz S. (2009) [Physical fitness in relation to age and body build of young chess players]. Pediatric Endocrinology, Diabetes, and Metabolism. 2009 ;15(3):177-182.  Link zu Abstract

3 Hammami, A., Harrabi, B., Mohr, M., and Krustrup, P. (2020). Physical activity and coronavirus disease 2019 (COVID-19): specific recommendations for home-based physical training. Manag. Sport Leisure 25, 1–6. Volltext PDF-Datei

4 Тренировки тела и диета шахматиста. Советы Карлсена и Каруаны. Website: https://zen.yandex.ru/media/chessmaster/trenirovki-tela–dieta-shahmatista-sovety-karlsena-i-karuany-5edf6d1f6745293fc3b6218c (30.10.2020)

5 Grandmaster missing other games during lockdown. (The New Indian Express) Website: https://www.newindianexpress.com/sport/other/2020/apr/02/grandmaster-missing-other-games-during-lockdown-2124596.htmlc (30.10.2020)

6 Dolbysheva,N. (2020). Fundamentals of long-term training systems in mind sports. Human Movement 21 (2020): 1-20. Volltext PDF-Datei

7 Dasgupta, S., & Crunkhorn, R. (2020). A History of pandemics over the ages and the human cost. The Physician, 6(2). Volltext PDF-Datei